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Dass man gerade eine schlechte Idee hatte, findet man im Grunde sehr einfach heraus: Wenn man auf dem Lokus einen Furz lässt, und die WHO sich über steigenden Gestank in der Umwelt aufregt, weiß man, dass da irgendwas nicht stimmt. Dieses dann einzusehen, ist aber leider schwieriger. Wie viel schwieriger solch eine Einsicht sein kann, ist recht gut an den diversen Gesetzen rund um das Internet und die Online-Überwachung zu sehen.
Wer einmal angefangen hat, ist schon gar nicht mehr so leicht nachvollziehbar, denn was nur verbleibt, ist ein fader Beigeschmack, dass man gegen Windmühlen kämpft. Und so ist es wenig verwunderlich, wenn die Lust auf die Technik sehr gering ausfällt:
Ich bin gerade in Begriff, mein Informatikstudium abzuschließen.
Und: Ich habe kein Bock mehr auf „Internet“. Es wird reguliert, kontrolliert, überwacht, vorratsdatengespeichert, trojanisiert, Leistungsschutzgerichtet und kriminalisiert. Zudem überlagern eine Handvoll der größten Unternehmen mit ihrem Einfluss das Netz mit einem undurchdringlichen, zersetzenden und kaum zu umgehenden Filament aus Kommerz pur, sprich: Meinungsdiktatur, Zensur, Tracking, Data Mining, Werbeseuche, Accoundbindungspflicht, Nutzungsunrechte. […]
Es ist einfach nicht mehr frei. Wie eine Malen-nach-Zahlen-Vorlage: Wenn man die vorgegebenen Kästchen ignoriert und sich kreativ erdreistet, wird einem der Pinsel abgenommen und man kassiert Backpfeifen. Leeres Papier ist verboten. Alternativ gibts mit Werbebotschaften vorgedrucktes Papier und die Regierung kontrolliert, ob man die Logos korrekt ausfüllt.
Und nun sind unsere aktuellen Hochschulabgänger nicht zwingend für ihren Tiefblick bekannt, aber wenn bereits ein Absolvent keine Lust mehr auf einen Job hat, für den er jahrelang ein durchaus sehr anstrengendes Studium auf sich nehmen muste, dann lässt dies kein gutes Licht für das Berufsfeld. Aber die wenigsten ahnen, welche Abgründe wirklich lauern. Ja, die meisten kennen nur die aufpolierte Oberfläche des Monsters und haben noch gar nicht unter dessen Erscheinung geblickt.
Nein, ich meine jetzt nicht diverse Bilder-Boards oder Meme-Fabriken, denn diese sind irgendwie noch mit eine der kreativsten Ecken des Netzes. Sie stellen regelrecht einen Kontrast zu dem dar, was die Schönheit des Internet geradezu mit Füßen tritt, indem es voll durchgeplant von Anfang bis Ende nur auf Profit optimiert eine Scheinwirklichkeit schafft, in der man Kleinkinder gefangen halten kann, für die selbst der Tellerrand noch zu weit ist.
Das Internet ist einmal groß geworden durch die Ideenvielfalt tausender Menschen, denen die Technologie einen einfachen Einstieg in eine neue Welt ermöglicht hat, frei von den meisten Regeln, die sie in der Gesellschaft sonst eingeengt haben. Es entstanden Plätze, an denen jeder seiner Kreativität Ausdruck verleihen konnte und wodurch zahlreiche Werke entstanden sind, die wenig mit dem Malen-nach-Zahlen heutiger Social Networks zu tun haben, deren Anlage im Wesentlichen darauf fußt, dass jeder Mensch als Produkt möglichst gut genormt verpackt eingefangen werden muss.
Waren es in den Anfangstagen des Internets im Wesentlichen die Technik-Pioniere, die im Angesicht neuer Technik die Grenzen des Möglichen ausreizen und überwinden wollten, wurden diese mit der Zeit durch eine zweite Welle verdrängt: Menschen, die ihren eigenen – zumeist finanziellen – Vorteil an jeder erdenklichen Stelle verteidigen wollen, ohne dabei darauf zu achten, ob sich dies mit der vorgefundenen Umgebung verträgt; Kollateralschäden nur ein Indiz dafür, dass man noch nicht weit genug die Umgebug an sich selbst angepasst hat.
Resultat dieser Welle der Kommerzialisierung um jeden Preis sind tote Informationswüsten, mit Reklame überzogene Sammlungen von Belanglosigkeiten, die nicht als Kunstwerk oder Mehrwert in sich präsentiert werden, sondern als Teil einer Werbetafel, die auch den letzten Pfennig* aus dem Besucher pressen möchte. Das Medium Internet wird nicht mehr als ein Informationsmedium für den Wissensaustausch oder als Kommunikationskanal zwischen gleichwertigen Teilnehmern verstanden, sondern als Indoktrinationselement für bestmögliche Profitmaximierung, bei dem der normale Teilnehmer zurückgelehnt das Rundum-Sorglos-Paket fressen soll, was ihm so bereitwillig serviert wurde.
Aus einem Netz, welches helfen sollte, Grenzen zu überwinden, ist ein Netz der Nationalstaaten geworden, die den Teilnehmer einlullen und in seiner eigenen Wahrnehmungsblase gefangen halten? Behütet gar davor, dass er vielleicht einmal etwas sehen oder hören könnte, was nicht in das heile Weltbild der Konzerne oder Mediengestalter passt. Was nicht genehm ist, wird ausgeblendet. Es entsteht eine tote Umgebung, die nicht einmal mehr in der Lage ist, sich selbst zu parodieren – und doch die beste Parodie ihrer selbst ist.
Der bleibende Eindruck, den ein Besuch in dieser einstmals zu bunten Welt hinterlässt ist ein Wochenmarkt-Besuch, bei dem jeder Marktschreier noch lauter als der voriger brüllt um gehört zu werden – und dennoch hört keiner hin. Keiner will hinhören. An jeder Ecke sieht man die Müllhaufen, die die billigende Misswirtschaft des Kommerzes an jeder Ecke hinterlassen hat. Haufen von Werbebannern, Lavinen von Spam, Zäune, die einem den Weg versperren, zum Content, den man eigentlich sehen wollte. Inhalt wird degradiert zum Beiwerk, statt das Werk an sich zu sein.
Aus einem freien Weg zu den gesuchten Informationen wird ein holpriger Pfad mit Wegelagerern, die einen jeden Schritt überwachen und dabei versuchen so viel wie möglich Informationen und Profit wie möglich zu erpressen. Der Besucher wird protokolliert, analysiert, kategorisiert und abgestempelt ohne Ende. Nicht allein von den Anbietern, sondern global jedem, der es schafft, Einsicht darin zu erhalten, was jemand mit seinem Internetanschluss tut. Hatte Orwell mitte der 1940er Jahre noch Schreckensvisionen der Überwachung ist knapp 60 Jahre später die Vorhersage nur ein Tropfen auf den heßen Stein.
Stellt man sich jedoch hin, um diese Zustände anzuprangern oder zu bekämpfen wird man als Irrer abgestempelt oder gleich ganz ignoriert. Man kämpft gegen Gebetsmühlen, die die Sicherheit nur mit noch mehr Überwachung, Gängelung und weiteren Einschränkungen gewährleistet sehen – eben jenen Mitteln, die gerade der Stein des Anstoßes sind, jene Mittel, gegen die Bürgerrechtler seit Jahren geschlossen auf die Straße gehen, da sie für den Zweck undienlich sind: Undienlich, wenn eben dieser Zweck nicht Auspressen des Kommerzviehs lautet.
Am Ende bleibt bei all dem nur ein fader Beigeschmack und eine Einsicht …
(Bild via)
*Währungseinheit von Damals(tm), wo noch alles besser(tm) war 😉
Erstmal: Der Beitrag ist super geschrieben, und hat deine übliche… ich nenne es mal „Würze“ drin.
Jetzt möchte ich aber mal sagen, wieso -mir- das Internet keinen Spaß mehr macht.
Das Schlimmste meiner Meinung nach, ist das alle Websites (bestes Beispiel youtube.com derzeit) versuchen, alles auf dieses unpersönliche und eiskalte „Web 2.0“ umzustellen. Langsam fühl ich mich wie in einem Sci-Fi Film aus den Achtzigern. Alles kahl, kühl und unpersönlich. Und ich glaube der letzte Satz trifft auf fast das gesamte Internet unserer Zeit zu. Man wird in einen eiskalten Raum geworfen und man wird mit den großen unbekannten Gefahren bedroht, sodass man sich ja ganz schnell eines der 400 Virenschutzprogramme besorgt! Ist wie Aspirin – sie können alles!
Nicht nur das unpersöhnliche „Web2.0“ ist mir ein Dorn im Auge, nein auch die unzähligen Menschen, die sich an der Dummheit des normalen Users ausnutzen, nur um ihre Kassen um jeden Preis zu füllen. Es hat angefangen mit Phishing-Seiten alá „Klickst du hier, bezahlst du“ und ist jetzt zu gesamten Anwaltskanzleien ausgeartet, die nur wild Rechnungen in der Gegend ungestraft und jeden Grund herum schicken und damit ihre Millionen machen. Das Internet ist meiner Meinung nach ein zwielichtiger und gefährlicher Ort geworden. Gefährlich, nicht weil überall Viren/Würmer und Co rumhängen, nein gefährlich, weil der normale Nutzer an jeder Ecke in die große Falle treten kann.
Denn es muss noch ein Anti-Betrüger Programm erfunden werden.
Kommentar by Akaikee — 31.03.2013 @ 14:02:43
Dieser Beitrag bringt es ziemlich auf den Punkt. Hinweisen könnte man noch auf die unzähligen Pay-Walls 🙂
Kommentar by beshig — 11.04.2013 @ 16:52:49
Der Staat als Hirte, obwohl der Staat aus Schafen besteht. Und dann sind da noch Konzerne, die als Schlachter daherkommen. Profit orientiert sich an den Wünschen des Kunden. Und wenn der ein Schaf ist, kaut er alles, was man ihm vorsetzt. Und kann ein Schaf zwischen Hirte und Schlachter unterscheiden? Ich glaube nicht.
Es fehlen Softskills. Es gibt Leute, die können auf FB posten und meinen, sie „können Internet“. Nun weiß ich nicht, was „Internet können“ genau ist, aber der sichere Umgang ist es nicht. Es fehlt Wissen, bei den Leute. Wissen, über die Gefahren, deren Beseitigung und über die Möglichkeiten des Netzes selber. Das Netz ist ein Spiegel der Gesellschaft. Das ist die Ursache, aber auch die Lösung. Es gilt das Interesse der Gesellschaft zu wecken. Ein Weg ist es, Alternativen anzubieten. Die OpenSource-Bewegung ist ein Beispiel dafür.
Was die Kälte angeht, so reicht Feuersturm der Entrüstung aus, aber da können wir lange warten. Wer in FB seine soziale Mitte sieht und die Leute nicht mehr real trifft ist selber schuld. Solche Personen können auch meinetwegen den ganzen Tag mit Werbung überflutet werden.
Das Internet ist da, man muss nur wissen, wie man damit umgeht. Zum Schluss noch eine alte Weisheit: Medien machen Dumme dümmer und Schlaue schlauer.
PS: Kleine Anmerkung am Rande: Das Design dieser Webseite, ist jetzt auch nicht so mit warmen Farben beseelt.
Kommentar by Chris — 07.07.2013 @ 21:21:48