Am Samstag dem 11. September 2010 war es wieder einmal so weit. Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ hieß es wieder einmal Demonstrieren für mehr Bürgerrechte und weniger Überwachungsstaat. Aufgerufen wurde zu dieser Demonstration u.a. vom AK Vorrat, dem AK Zensur, dem FoeBuD, der freien Ärzteschaft, ver.di, sowie zahlreichen anderen Organisationen und Parteien, die sich dem Thema Bürgerrechte verpflichtet fühlen. Zur Demonstration kamen laut Veranstaltern etwa 7500 Bürger, die ihrem Unmut über die aktuellen politischen Entwicklungen äußern wollten.
Im Kreise der ChaosChemnitz, sowie der Piratenpartei Chemnitz, nam auch eine kleine Ortsgruppe aus meiner Umgebung an der Veranstaltung teil. Aufgrund der sehr stark limitierten Kostenlage splitteten sich unsere Wege aber bereits in Chemnitz und so fuhr ich mit meiner Begleitung um 8:05 über Elsterwerda direkt zum Postdamer Platz. Bereits am Bahnhof in Chemnitz traf man eine Reihe oranger Flaggen an. Diese gehörten zu einer der zahlreichen Gruppen von Piraten, die im ganzen Bundesgebiet dem Ruf zur Demo gefolgt waren und so nach Berlin aufbrachen.
Die Fahrt nach Berlin selber war, außer einer Reihe doch sehr witziger Unterhaltungen mit anderen Teilnehmern der Demo, wenig erwähnenswert. Naja, vielleicht eines schon: Wir hatten (außer in Brandenburg) mobiles Internet, welches, ähnlich wie auch auf unseren Stammtischen via Ad-hoc-WLAN unter der SSID „chemnitz.chaostreff.org“ im Zug verteilt wurde. Groß benutzt wurde dieses aber trotz Angebot an die Umsitzenden nicht, womit wir die zwischen /dev/null und HSDPA schwankende Verbindungsqualität ganz dem Chaos aus Chemnitz zu Gute kommen konnte. Da aber diverse Geräte schwache Akkus zeigten und das Handy leider keine Ad-hoc-Netze finden wollte, war die Nutzung des WLANs zeitlich stark beschränkt.
Pünktlich um 13:00 trafen wir dann am Potsdamer Platz in Berlin ein, wo sich bereits zahlreiche Menschenmassen versammelt hatten. Dort verbündeten wir uns auch wieder mit den anderen Gruppenteile, von denen wir uns in Chemnitz getrennt hatten. Hier entstanden auch die ersten Photos der Veranstaltung, bzw. den zahlreichen Messeständen der beteiligten Organisationen
Womit sich ein Blick auf die Teilnehmerliste geradezu anbietet: Neben den üblichen Verdächtigen, also den Piraten, nahmen auch die Grünen, die FDP und die Linke an der Demo teil. Allesamt Parteien, die in ihrer Zeit in der Regierung nicht gerade dadurch geglänzt haben, das durchzusetzen, was mit dieser Demo gefordert wurde. Inwiefern man daher die Shirts der FDP „Freiheit zieht an“ als zynisch betrachten muss, sei daher dem geneigten Leser überlassen.
Mit leichter Verspätung begann um 13:15 dann die Vorveranstaltung mit der Verlesung der Demo-Regeln, die im Gegensatz zum Manual des CCC weniger intuitiv gehalten waren. Besondere Auflagen, außer den üblichen Verboten von Glasflaschen gab es nicht; nur eine Last-Minute-Änderung im Routing der Teilnehmer, was aber ohne Weiteres umzusetzen war. Die Anfrage für die Durchführung eines „Howto Demonstrate“ wurde von den Teilnehmern mit großer Mehrheit negiert.
Gestartet wurde die Demo-Veranstaltung mit 3 Redebeiträgen, die eine Einführung in die Ausgangslage, sowie die aktuellen Entwicklungen der Gesetzeslage gaben.
Pünktlich um 14:00 setzte sich der Demonstrationszug bei gemütlichen 23°C „mit maximal 6 Kilometer pro Stunde“ entlang der Route in Bewegung. Im Vergleich zur Demo vor dem Landtag in Dresden war die FSA2010 vergleichsweise ruhig. Also in Bezug auf die Dezibel meine ich. Ausschreitungen im eigentlichen Sinne gab es zwar auf keiner von beiden, aber dennoch war die FSA2010 von einer interessanten Begebenheit geprägt, die auch bereits von Fefe weitergereicht wurde.
Auf der Demonstration selbst wurde von der berliner Polizei nicht gefilmt – zumindest war dies die Ansage. Was aber gegenüber den Vorjahren anders war, war die indirekte Aktion „Ab heute wird zurückgefilmt“, wenn auch nur in begrenztem Umfang.
Mit meiner Begleitung gliederte ich mich anfangs bei den Piraten und ihrem Schiff ein, da ich aber meinen Fokus auf die diversen Plakate gelegt hatte, schaute ich auch bei den anderen Demo-Blöcken mit vorbei. Dabei viel auf, dass insbesondere die Grünen auffällig häufig auch als Einzelgänger in anderen Demo-Blöcken anzutreffen waren, was insbesondere bei den Piraten sowie den Linken auf Grund des guten Farbkontrastes recht gut sichtbar war. Wenn man den Demo-Zug also als „Bunte Angelegenheit“ bezeichnen möchte, hat man damit nicht einmal Unrecht, zumal neben dem breiten politischen Spektrum auf ein umfangreiches soziales Spektrum abgedeckt wurde. Neben sehr jungen Teilnehmern, Jugendlichen bis hin zu Rentnern waren alle Altersschichten vertreten; genauso wie die soziale Schichtung von sozial Schwachen bis in die Mittelschicht hinein alles abdeckt.
Mit „Freiheit zieht an“ war der Slogan, der auf den Shirts der FDP zu finden war. In Kombination mit dem Aufdruck „Leben Sie. Bürgerfreiheit.“ geradezu ein Hohn gegenüber denen, dessen Rechte sie beim Mittragen diverser Sicherheitsgesetze mit Füßen getreten haben und dessen Steuergelder sie zum Bezahlen ihrer Hotelrechnungen verprasst haben. Und weil wir grad beim Austeilen von Schelte sind, soll die Linke auch nicht unerwähnt bleiben, die bisher noch in keinem Fall der letzten Jahre wesentlich die ihnen gebotenen Chancen zum Verhindern solcher Gesetzesinitiativen wahrgenommen hat. Wer hier einfach nur über jeden jubelt, der mit einem in seinen Kampf zieht, der ist blauäugig: Auch wenn jede Stimme zählt, wenn man etwas ändern möchte, so zählt diese Stimme umso mehr, je verlässlicher diese auch in schwierigen Zeiten ist. Liebe FDP, liebe Linke, übt in Sachen „Vertrauen verdienen“ noch einmal. Da gäbe es demnächst noch so paar Gesetze, um die Ihr euch kümmern könntet. 😉
Aber zurück zur Demo. Gegen 15:00 erreichte der Demo-Zug das Regierungsviertel, dass geradezu beispielhaft wenig Vertrauen in seine Bürger demonstrierte. Überall waren Überwachungskameras zu sehen. Inwiefern diese wirklich im Zuge der Demo abgeschaltet waren, blieb aber offen. Dem gegenüber standen allerdings die Ordnungskräfte, die regelrecht vereinzelt und teilweise teilnahmslos am Rande des Demo-Zuges standen, während sie beobachteten, wie sich die Demonstranten entlang der Demo-Route bewegten.
Gegen 15:30 erreichtn meine Begleitung und ich dann das Holocaust-Denkmal, an dem wir, wie zahlreiche andere auch, eine kurze Pause zur Stärkung am Rande einlegten und den Demonstrationszug beobachteten. Dabei nutzten wir auch die Chance zahlreiche weitere Flyer diverser Gruppierungen zu sammeln, die voraussichtlich den Stoff für einen weiteren Blog-Post bieten werden.
Kurz vor 16:00, ein schwarz-rot gekleideter Block mit zweifarbigen Deutschland-Flaggen näherte sich gerade von hinten, ordneten wir uns schließlich wieder mit ein, um uns auf den Weg zur Abschluss-Kundgebung zu machen, welche wir auch nach kurzem weiteren Marsch erreichten.
16:10 auf dem Potsdamer Platz angekommen musste zunächst noch das Eintreffen der letzten Teilnehmer des Zuges abgewartet werden. Dieses verzögerte sich zunächst, da – soviel man vorne bei der Bühne mitbekam – die Einsatzkräfte eine Reihe von Demonstranten einzukesseln versuchten. Auch auf die Aufforderung der Veranstalter an die Einsatzkräfte, ihre Visiere zu öffnen, wurde zunächst nur zögerlich umgesetzt.
Auf der Abschlussveranstaltung selbst war es dann recht ruhig, auch wenn insbesondere die FDP noch einmal laute Buh-Rufe für ihre Inkonsequenz beim Schutz der Bürgerrechte; was man verspricht, sollte man halt auch halten, liebe FDP 😉 Aber nicht nur berechtigte Selbstkritik an den Teilnehmern wurde geäußert, sondern auch aufmunternde Worte für das weitere Eintreten für die Ziele der Bewegung. Neben der bisher erreichten Erfolge wurden aber auch die Gefahren der verbleibenden Gefahren und aktuell wieder präsenten Gefahren aufgeführt.
Als erster der Redner auf der Abschlusskundgebung sprach …
Gefolgt von …
Den Abschluss bildete …
Gegen 17:15 wurde die Demonstration offiziell beendet und löste sich danach vergleichsweise zügig auf. Mit meiner Begleitung zusammen begab ich mich dann zur S-Bahn-Haltestelle, von der aus der Regional-Express in Richtung unserer Unterkunft fahren sollte. Da in diese Richtung jedoch zwei Bahnen fuhren, erwischten wir genau die flasche von beiden, was zu einem Umweg über Oranienburg führte, der aber durch einen Junggesellenabschied in der S1 zwischen Oranienburg und Gesundbrunnen durchaus unterhaltsam war.
Nach einem Umweg von etwa einer Stunde erreichten wir dann unsere Unterkunft, wo wir den Abend gemütlich ausklingen ließen.
Abschließend bliebe eigentlich nur noch zu sagen, dass sich dieser Tag durchaus gelohnt hat und wir durchaus zahlreiche interessante Menschen getroffen haben.
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