Ein doch bereits länger erwarteter Film ist für mich die Tage, nach seinem Erscheinen im Kino, zum Reinfall geworden. Denn trotz der eigentlich guten Story wurde nach typisch amerikanischem Vorbild, nur geballert, statt einmal tiefer zu schürfen. Sicherlich ist Kino zum Abschalten da, aber auch – oder sollte man sagen: gerade – Filme wie Matrix 1 haben trotz der enthaltenen Action wesentlich mehr Substanz angeboten. Der Besuch war also enttäuschend, denn ein Film bei dem der Hauptinhalt in der Rechtfertigung unethischen Handelns wider besseren Wissens besteht, kann dafür nicht gelobt werden. Zumal der Film selber genau dieses Verhalten an ausgewählten Stellen brandmarkt. Die Betonung aber dennoch darauf liegt, Gefallen am Krieg, bzw. dem Schaden anderer, zu verkaufen.
Aber fangen wir von vorn an, denn das Setting des Filmes beweist zumindest auf der Seite der Macher keine vollständige Sachunkenntnis. Als Grundlage diente die griechische Mythologie, was schon allein am Spielort, dem Planeten „Pandorra“ schön anzusehen ist. Aber da hört es IMHO auch schon auf. Denn vergleichen wir einmal die Geschichte rund um die Büchse der Pandorra mit der gezeigten Story des Filmes, so sollte jedem ein gravierender Unterschied auffallen: In der griechischen Mythologie hatten die Menschen nämlich keine Wahl, als die Büchse geöffnet wurde; im Film werden aber gar die Menschen als diejenigen dargestellt, die Ursächlich für deren Öffnung sind.
Aber gut. Lassen wir das Rumhacken auf der Basis des Filmes und witmen uns der eigentlichen Handlung. Diese ist, wie es von einem amerikansichen „Action“-Film zu erwarten ist, sehr auf Geballer und den Starken markieren ausgelegt ist. Dann noch ein wenig Schleichwerbung für die Army garniert mit etwas gekränktem Nationalstolz und der Action-Streifen ist fertig. Nunja. Es fehlt noch Handlung, selbst wenn diese in diesem Genre eher der Garnitur dient. Genauso wie die obligatorische Schnulz-Szene, auf die ich aber voraussichtlich später noch eingehen werde.
Aber gut. Schauen wir uns die Handlung einmal etwas genauer an. Viele beklagen, dass der Film starke Ähnlichkeit mit Pocahontas oder „Der mit dem Wolf tanzt“ hat, was bei näherer Betrachtung auch nicht weiter abwägig ist. Viel verblüffender (und eigentlich sogar treffender) fand ich den Vergleich mit Mononoke Hime. Nun kann man durchaus diskutieren, wieviel da von wem geklaut wurde, aber im Endeffekt ist das eigentlich uninteressant, weil die Botschaft und die dadurch aufgeworfenen Fragen wesentlich wichtiger sind.
Eine der wesentlichen Fragen, die der Film für mich aufgeworfen hat, ist der immer wieder beobachtbare Fall, dass sich eine Gruppe von Menschen für etwas besseres hält, und daher beschließt, eine andere Kultur, zu unterwerfen. Warum wird dieses Anderssein als geringwertiger angesehen, bzw. was bietet die Ursache für diese Herabwertung des Andersseins? Bzw.: Wir sehen uns als Vernunftbegabt und zivilisiert: Aber warum ist das in dieser Situation aufgezeigte Verhalten weder vernünftig, noch hat es irgendwas mit Zivilisiertheit zu tun? Allein wenn sich die Filmemacher diesem ersten Bündel von Fragen im Film angenommen hätten – sich an die eigene Nase gegriffen hätten -, wäre er etwas besonderes geworden: Quasi ein Einstieg in eine Diskussion über unsere Gesellschaft und wie sie mit Anderen bzw. dem Anderen umgeht. Aber so plätschert dieser Film mehr oder weniger in gewohnter Hollywood-Manier lediglich vor sich hin; bringt weder Neues, noch wirft er Kontroversen auf.
Hätte man diesen essentiellen Punkt der Selbstkritik im Film auch nur einmal ansatzweise anvisiert – oder gar erreicht -, wäre es ein Leichtes gewesen, auch ein zweites Bündel essentieller Fragen in Angriff zu nehmen: Wie wollen wir mit Anderen und vor allem mit Unbekanntem umgehen? Verfolgt man die Storyline des Filmes, findet man eine magere, ja geradezu erbärmliche Antwort auf diese Frage: Wir wollen es zerstören. Schaut man sich das Warum dieser Antwort an, so offenbart es den reinsten Egoismus, wenn nicht gar den Willen zur Selbstzerstörung, den Manche an den Tag legen. Ist Selbstschutz in gewissen Maße durchaus zuträglich (Vorsicht im Umgang mit fremdem), so ist er in übertriebenem Maße geradezu schädlich, wenn nicht sogar assozial: Warum sollte ich etwas oder jemandem wehtun oder Schaden zufügen, der mir nichts getan hat?
Und genau hier setzt auch der Film an mehreren Stellen zu hinterfragen an, belässt es aber dann bei formalen Andeutungen, z.B. wenn Jake von Neytiri im Wald gerettet wird. Trotz dem Neytiri an dieser Stelle zwar vorsichtig ist, und getrieben durch schlechte Erfahrungen Jake nicht ins Dorf mitnehmen möchte, entschließt sie sich im Endeffekt anders – und gibt Jake damit eine Chance, seine Absichten zu zeigen.
Insgesamt stellt hierbei die Lebensweise der Omaticaya insgesamt dem Leben der Neuankömmlinge auf Pandora einen Spiegel auf, der von diesen – wenn überhaupt – nur unbewusst wahrgenommen wird. Auch hier wäre etwas mehr Tiefe durchaus möglich gewesen, was zu Gunsten der zerstörerischen Aktivitäten eine durchaus lohnenswerte Bereicherung der Handlung gewesen wäre. (Meinung des Autors: Echt mal, warum muss man sich diesen erbärmlichen Parker antun und warum besitzt keiner den Mut, dieses unsägliche Arschloch einfach mal mit ner 4-Knöchel-Gesichtsmassage wegzurationalisieren?)
Okay, wo waren wir? Auch sonst fehlt es dem Film einfach an Konsequenz: Während des Leben der Omaticaya durchweg in seinen manigfaltigen Aspekten hervorgehoben und im Wesentlichen anerkannt und gelobt wird, fehlt eine eindeutige Stellungnahme für das Verhalten der Ankömmlinge. Der Film distanziert sich zwar an vielen Stellen von deren Verhalten, verpasst aber die Gelegenheit, eindeutig herauszuheben, warum eine solche, im Wesentlichen abwertende Einstellung zu Andersartigem nicht nur unangebracht, sondern falsch ist.
Statt alsodie Chance zu nutzen, fortschrittlich zu sein, ist dieser Film nahezu vollständig durchschnittlich – einzig in seiner Verschwendung von Geld, was an anderen Stellen wesentlich besser aufgehoben wäre – z.B. bei den anderen sozialen Gruppen – gönnt sich der Film und seine Macher einen Lobgesang auf den Kapitalismus, anstatt das durch Jake im Film vorgelebte Verständnis für seine Umwelt vorzuleben.
Wenn der Film vorführt was aktueller Konsenz in der Gesellschaft ist – und in der Regel sind Filme ein Spiegel ihrer Zeit -, so ist es doch ziemlich schade mit anzusehen, dass der Mensch, der sich selbst als vernunftbegabtes Wesen bezeichnet, so wenig verstanden hat …
da geht man doch auch nur wegen 3D rein oder?
Kommentar by Babel — 21.01.2010 @ 08:43:02
Ich glaube, das Problem was du ansprichst, liegt vorallem in der Mentalität des Menschen zur Zeit.
Im moment ist es ja so, dass der Film wunderbar das darstellt, was, wenn man es grob betrachtet, draußen passiert.
Die Wissenschaftler würden erforschen wollen, die Army und andere Machthabenden würden einfach alles zerstören wollen.
Das einzige was mich besonders stört ist, dass die Na’vi sehr menschenähnlich sind, um ’s genauer zu sagen, zu menschenähnlich. Beispielsweise die Entscheidung, Jake doch mit zu nehmen, ist Menschlich. Wer kann denn bitte sagen, dass andere Lebewesen genau so sind und nicht doch anders?
Dort fehlt das neue.
Ich denke mit dem anderen, derzeitigen Wesen des Menschen, wurde hier einfach die „normale“ Situation wieder aufgegriffen. Menschen, die beim klaren Verstand sind, erkennen dies, leider sind es zu wenige.
Der Film zeigt in sofern was neues, als dass man versucht hat, sich etwas interessantes einfallen zu lassen, um mit der neuen Lebensform zu Kommunizieren. Also wird in diesem Fall ein „Avatar“ eingesetzt, der mit dem Menschen verbunden ist, bzw. anders herum.
Was daran so das erstaunliche ist, ist eigentlich, dass diese Art von Kommunikation schlichtweg genial ist.
Ich glaube, dass es einfach nur in eine ferne Zukunft blicken lässt, denn ob sowas in einer ähnlichen Form mal möglich ist, weiß ich nicht und ich weiß auch nicht, ob bereits andere das wissen, da unser einer noch lang nicht komplett oder nahezu komplett erforscht ist.
Kommentar by Niko — 27.01.2010 @ 06:38:40