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25.10.2009

Urheberrecht

Filed under: Politik und Philosophie — Schlagwörter: , , , , , , , , — BenBE @ 11:03:40

Immer wieder kommt die Frage auf, wie ein modernes Urheberrecht aussieht, da an einer ganzen Reihe von Stellen sich das bestehende Gesetz mit der Realität beißt. Dies mag eine ganze Reihe von Ursachen haben, u.a. das Lobbying verschiedener Konzerne, die Komplexität des Themas, aber wahrscheinlich auch die Alternativlosigkeit, die einige in entscheidenden Ämtern empfinden. Dies mögen alles dreis berechtigte Punkte sein, jedoch sollte man sich vor dem Erarbeiten einer Lösung vielleicht einmal mit einer Reihe verschiedener Ansätze beschäftigen, bzw. deren Ideen zusammentragen. Als Leitfaden für dieses Thema werde ich – auch wenn das Heise-Forum als Trollwiese verschrien ist – zwei Foren-Diskussionsbeiträge zu diesem Thema herausgreifen, zu denen ich mehr oder weniger detailliert Kommentare geben möchte. Dies wird zwar mit großer Wahrscheinlichkeit nicht das gesamte Thema erfassen, dürfte aber die wesentlichen Aspekte abdecken.

Realitätsabgleich

Aber wie sieht diese Realität aus? Blickt man sich einmal um, so gibt es 2 Gruppen in dieser Diskussion: während die eine Gruppe auf den Zug der Technologie aufgesprungen sind und somit eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten dieser auch nutzen, existiert ein anderer Teil vielfach in Unkenntnis oder Ignoranz dieser Entwicklung. Diese digitale Spaltung findet nicht zuletzt auch in der Politik Eingang, hat ihren Ursprung aber bereits darin, dass die Technologie den weitaus großten, technophoben Teil bereits weit abgehängt hat. Wie will man mit jemandem reden, dessen Sprache man nicht spricht – gar, wenn man selber nicht sprechen kann? Nicht nur deshalb ist es einfach nur ehrlich, wenn ein Politiker als Vertreter dieser Gruppe offen sagt, dass er unsere Sprache nicht spricht.

Bevor man also anfangen kann, das Problem des Urheberrechts sinnvoll anzugehen, müssen die Realitäten geklärt und verstanden werden. Genau dieser Schritt fehlt an vielen Stellen, wenn ein Thema dieser Komplexität diskutiert wird. Warum also versuchen, etwas zu verteufeln, was man nicht versteht? Warum also Polarisieren, anstatt gemeinsam zu versuchen, auf eine Lösung hin zu arbeiten?

Möchte man hierauf eine Antwort finden, sollte man sich zuerst überlegen, welche Gruppen an diesem Konflikt beteiligt sind, bzw. beteiligt werden müssten. Ohne umfangreiche Vorbetrachtungen über die Umstände des aktuellen Systems ist man somit leicht aufgeschmissen.

Betrachtet man die Entstehung des Urheberrechts, so fällt als erstes auf, dass das Urheberrecht in seiner Ursprungsform nur den Schutz des Urhebers und seiner Rechte gegenüber dem Verwerter bzw. dem Verleger regelt. Die heute in vielen Bereichen wichtige Rolle des Verbrauchers war in dieser frühen Form noch nicht angedacht, geschweige denn relevant, was nicht zuletzt aus der damals vorherrschenden Verbreitungsform von Werken herrührte. So war es in der Regel der Gestalt, dass ein Künstler ein Werk schuf und der Verlag sich um dessen Verbreitung kümmerte; incl. Werbung und Produktion. Eine Rückmeldung durch den Rezipienten des Werkes fand in den seltensten Fällen statt. Auch die Möglichkeiten für den normalen Verbraucher waren nicht gegeben, womit einer großflächigen Reproduktion der Werke hohe Grenzen auferlegt waren.

Durch den technischen Fortschritt, insbesondere in den letzten 20 Jahren, wurden diese Barrieren aber zu einem erheblichen Teil gemindert, wenn nicht gar eliminiert. Mit einfachen Mitteln, oftmals ohne eigenen Einsatz des Konsumenten, ist eine Reproduktion von Werken möglich, ohne dass ein Einsatz an Produktionsmitteln im herkömmlichen Sinne erforderlich wäre. Die Knappheit, der es im üblichen Kreislauf von Angebot und Nachfrage bedarf, um einen gewissen Preis zu erzwingen, hat sich weitestgehen aufgelöst. Das Werk an sich steht unbegrenzt zur Verfügung; nicht jedoch materielle Repliken, bzw. daraus gebildete Güter. Das Werk eines Künstlers bietet in dem Sinne seinen Wert im wesentlichen aus seinem ideellen Wert; nicht mehr wie bisher aus dem seiner materiellen Instanz.

Diese nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit ermöglicht neben der vereinfachten Vervielfältigung des Werkes aber auch ganz neue Möglichkeiten für den Umgang mit einem Werk. Während bei einer rein materiellen Produktion das Werk an sich den Wert darstellt, ist es bei einer immateriellen Instanz die Idee. Dieses Gut, gekoppelt mit einer vereinfachten Verarbeitung – d.h. gesteigerter Schaffungseffizienz – führt dazu, dass es zu einer Vereinfachung der Schaffung abgeleiteter Werke basierend auf einem Original kommt. Somit wird der Konsument in zunehmendem Maße selber zum Künstler, jedoch nicht wie im klassischen Modell gegenüber einem Verleger, sondern gegenüber seinem Publikum. Durch diesen Umschwung werden klassische, auf die Verbreitung über feste Vertriebswege basierende Systeme ausgehebelt, wodurch es zur Schaffung neuerer, den Möglichkeiten angepasster Modelle kommt. Diese müssen jedoch zwangsläufig auch den Konsumenten eintragen – eine Notwendigkeit, der sich die etablierten Verleger jedoch verweigern.

Und diese Verweigerung kommt nicht von ungefähr: Stellte man sich einmal vor, dass die Verleger wesentliche Teile ihrer Aufgaben verlieren, so werden sie überflüssig; wollten sie dennoch an einem reformierten System weiterhin teilhaben, so müssten sie sich an dieses anpassen und sich in diesem neue Betätigungsfelder suchen. Doch welche Bereiche wären das, wenn weder die Produktion, der Vertrieb, noch das Verwalten von Vermögen anderer und ihnen selbst übrig bleiben? Vorerst wahrscheinlich nicht viele; jedoch könnte bereits einiges gewonnen sein, würden sich die Verlage mehr oder weniger auf ein dienstleistungsorientiertes System einlassen.

Doch hierfür müssten neben einer ganzen Reihe von Umdenkprozesse auch konzeptionelle Änderungen in die Sichtweisen einer Industrie einfließen, die sich bisher als Reproduktionsdienstleister für Kreative gesehen hat und dabei den Konsumenten mehr oder weniger als willkommene Einnahmequelle wahrgenommen hat.

Konzept

Doch für diese Restrukturierung eines derart gewachsenen Systems bedarf es eines Konzepts, was wenn möglich alle Seiten und deren Interessen berücksichtigt und angemessen vertritt. Es ist keinem etwas geholfen, wenn auf Grund einseitiger Regelungen die Reform des Systems abgelehnt wird und daher unnötig verschleppt wird. Und Konzepte gibt es durchaus, selbst wenn diese nicht immer vollständig oder in allen Punkten korrekt sein müssen; sie bilden dennoch eine gute Arbeitsgrundlage, um darauf aufbauend ein System zu gründen, dem die Gerechtigkeit wieder inne wohnt. Und dabei bedarf es unter Umständen vielleicht nicht einmal großer Änderungen, wie dies ein Beitrag im Heise-http://www.nytimes.com/2009/07/27/technology/27disney.html?_r=1Forum demonstriert.

Der Sinn und Zweck einer Verwertungsgesellschaft wie GEMA oder VG Wort/Bild besteht darin, den Verwaltungsaufwand für das Eintreiben der Kosten für den jeweils einzelnen Rechteinhaber zu übernehmen. Dabei steht die Verwertungsgesellschaft an vorletzter Stelle der Wertschöpfungskette, bevor das Werk den Endkunden erreicht. Das letzte Glied ist der Werkeverwender, beispielsweise der Rundfunk, der Veranstalter eines Festes, ein Print- oder Netzmedium oder anderweitige Promoter.

Die Werkeverwender können ob der Vielzahl der Werke verschiedener Rechteinhaber, die sie promoten somit an einer einzigen Stelle abrechnen, wobei die Verwertungsgesellschaft die Gesamtmenge der Einnahmen abzüglich ihres Verwaltungsaufwandes an die Rechteinhaber anteilig in Bezug auf die Masse der Verbreitung des Werkes ausschütten. Dabei wird je nach Qualität des Werkes ein Verteilungsschlüssel angewendet. Für den Werkeverwender ist beispielsweise eine Aufführung eines klassischen Musikstückes mit Orchester preislich auf gleicher Ebene angesiedelt, wie Populärmusik, dennoch wird, ob des grösseren Aufwandes, ein orchestrales Musikstück zu produzieren nach dem Verteilungsschlüssel eine grössere Summe bei gleicher Aufführungsmenge an den Rechteinhaber ausgegeben als bei Pop-Musik. Damit soll im Sinne der Kulturförderung eine so entstehende Wertdisparität ausgeglichen werden.

Wer bei dieser Darstellung nach den Unterschieden zum Ist-Zustand sucht, der findet im Wesentlichen – von der Theorie her – nur marginale Abweichungen. Während es in der derzeitigen Fassung bereits Usus ist, durch die Verwerter einen zentralen Anlaufpunkt zu schaffen, ist deren Handeln oftmals nur schwer bis gar nicht nachvollziehbar. Dies rührt nicht zulletzt aus der Art des verwendeten Verteilungsschlüssels her und bedarf somit einer höheren Transparenz. Dies ist insbesondere daher nötig, um jedem Künstler, aber auch Außenstehenden zu zeigen und nachvollziehbar darlegen zu können, dass bei dem verwendeten System maximaler Wert auf eine bestmögliche, gerechte Verteilung der Einnahmen geachtet wird. Diese transparenz fehlt im derzeitigen System auf Grund der bewusst kryptisch gehaltenen Verteilungsschlüssel.

Ein neuer Verteilungsschlüssel sollte daher nicht allein enthalten, wer für was wieviel erhält, sondern dies auch begründen. Nur durch eine solche Begründung von Ausgaben kann sichergestellt werden, dass der Schlüssel einerseits transparent ist, sondern zum anderen auch die verfolgten Intentionen ermittelbar werden und anhand der Umsetzung nachprüfbar werden. Diese Kontrolle ist hierbei nicht optional, sondern in jedem System, welches sich nach demokratischen Werten ausrichtet immanent nötig, da durch eine wirksame Kontrolle unbeabsichtigten Machtverschiebungen oder bewussten Manipulationen entgegen gewirkt werden kann. Diese Einflussnahme und Kontrolle sollte hierbei nicht durch das System selber, sondern durch Vertreter aller Fraktionen geschehen: Während durch die Verbraucher das Interesse für förderwürdige Inhalte dargelegt wird, könnten die Künstler Hinweise für zu fördernde Inhalte geben, deren kulturelle Bedeutung für eine Blüte des Systems als wichtig angesehen wird. Schließlich bliebe für die Verwertungsgesellschaften als Einflussnahme der Kulturwerbung, bei der es darum gehen sollte, ggf. basierend auf Wünschen der anderen beiden Fraktionen vermittelnd einzugreifen und entsprechend der Wünsche für eine Forschung von Inhalten zu sorgen, ohne dabei unter Umständen nur als Randerscheinung auftretende Sonderformen zu zerstören. Sinn sollte dabei keinesfalls sein, als Promotion für eine bestimmte Gruppe von Einzelkünstlern aufzutreten, sondern vielmehr durch allgemeine Einflussnahme die verfügbare Vielfalt soweit es geht zu maximieren.

Vermarktung

Neben den Zielen, die mit Hilfe  einer erreicht werden sollen, ist es aber auch dringend von Nöten, dafür zu sorgen, den Künstlern für ihre Arbeit angemessen zu danken. Nun unterteilt sich dieses Feld generell in 2 große Teile: Zum einen, was kann der Künstler tun, um sich selber und seine Werke zu vermarkten, und zum anderen, inwiefern er dabei die Vermarktung dennoch nicht zu sehr monopolisieren kann. Es ist zwar gut und auch richtig, wenn ein Künstler frei entscheiden kann, was mit seinen Werken geschehen darf, ggf. auch über deren Einsatz entscheiden kann – Kunst wirkt immerhin immer im Kontext der Präsentation -, darf er dennoch auf seine Rezipienten nicht soweit einschränkend wirken, dass diese als Konsumenten ohne Rechte dastehen.

Ein lange Zeit lang verfolgter Ansatz ist die Nutzung von Kopierschutz-Maßnahmen gewesen, die eine Vorstufe des heute verbreiteten DRMs (Digital Rights Managements; je nach Fraktion auch Digital Restriction Management) darstellen. Darunter versteht man im Wesentlichen jede Form von Techniken, die aktiv oder passiv dafür sorgen, dass ein Autor entscheiden kann, was ein Konsument mit dem erworbenen Werk tut. Und obwohl die Idee, der Kontrolle der Nutzung per se ein möglicher Ansatz ist, ist es mit der denkbar ungünstigste von allen, da er einem System der Wertschätzung und des Vertrauens vollkommen widerspricht. Bei einem gesunden Vertrauensverhältnis zwischen Künstler, Vermarkter und Konsument darf sich keiner über den Tisch gezogen fühlen, jeder muss seine Rechte frei nutzen können und keine Partei darf der anderen diktieren können, wie die Verwendung des Werkes zu geschehen hat oder welche Rechte ein Künstler abtreten muss, damit seine Werke überhaupt vermarktet werden.

Grundlage sollte daher im Allgemeinen Offenheit sein, da sich Kultur in einer Gesellschaft nur durch Austausch entwickeln und verbreiten kann. Und auch wenn es Leute gibt, die hieraus gleich den Ausverkauf der Kultur heraufbeschwören, so sollte man sich lieber einmal überlegen, was unsere Kultur ausmacht: Im Wesentlichen Dinge, die ein Künstler irgendwann einmal mit der Gesellschaft geteilt hat, statt sie für sich zu behalten. Offenheit muss hier also nicht zwangsläufig auch kostenlos heißen, sondern bedingt einen fairen Umgang des Künstlers mit den Rezipienten. Das Kulturgut an sich sollte von daher für jeden durchaus zugänglich sein, jedoch darf der Künstler durchaus darüber befinden wie er für Unkosten für diese Zugänglichmachung entlohnt werden möchte.

Und gerade hier bietet sich ein gegenseitiges System durchaus an: Möchte ich privat etwas mit einem Werk anfangen, so sollte dessen Verwendung im Wesentlichen frei möglich sein, da ich außer an dem Kunstwerk keinen nachhaltigen Mehrwert daraus ziehen kann. Setze ich ein Werk hingegen in einem kommerziellen Umfeld ein, so sollte der eigene Mehrwert schon der Fairnis halber an den ursprünglichen Künstler weitergereicht werden: Wenn auch nicht ganz, aber zumindest in Teilen. In jedem Falle sollte der Urheber aber ein Recht darauf haben, dass er – unabhängig davon, ob sein Werk privat oder kommerziell wieder verwendet wird – ein Recht darauf hat, als dieser genannt zu werden. Kaum jemand wird, nicht einmal im privaten Umfeld etwas gegen eine solche indirekte Werbung für einen Künstler haben, und da sich qualitativ überzeugende Werke verbreiten, dient diese Möglichkeit gleichzeitig auch des Künstlers, für sich selbst Werbung zu machen.

Eine andere häufig vorgefundene Möglichkeit, die Künstler haben, um auf sich aufmerksam zu machen sind ihre eigenen Homepages, auf denen sie interessierten die Möglichkeit bieten, sich über die Werke zu informieren. Zu den hier vorgefundenen Angeboten gehören oftmals auch Möglichkeiten, in die Musik einer Band hineinzuschauen, Sampler von Filmen zu gucken, oder anderweitig einen Eindruck des Werkes zu sammeln. Hierbei ist es geradezu abwegig, dass ein Künstler, für die Präsentation seines eigenen Werkes an einen ggf. eingeschalteten Vermarkter Geld abführen muss, um sich selbst und sein Werk zu präsentieren – aber genau dies ist durchaus gängige Praxis. Eine solche Vorgehensweise widerspricht nicht nur dem Willen, des Künstlers, sein Werk präsentieren zu können, sondern widerspricht auch dem Interesse des Rezipienten, der unter Gesichtspunkten kein Interesse daran haben sollte, dass dem Künstler für die Präsentation seiner Werke Nachteile entstehen.

Aber zurück zum Punkt der Kontrollmöglichkeiten, die ein Künstler über sein Werk behalten können sollte. Nehmen wir einmal an, dass das Werk eines Künstlers im Rahmen einer Bewegung verbreitet wird, die konträr zu den Interessen unnd der Meinung des Künstlers steht, so würde ein vollständig unkontrolliertes System im Grunde nichts anderes bedeuten, als dass sich der Künstler danebenstellen kann, um ein Schild mit der Verkündung „Das gefällt mir nicht!“ hinzuhalten. Das andere Extrem wäre die vollständige Kontrolle der Verbreitung durch den Künstler, der vor jeder Verwendung seines Werkes erst einmal ein amtliches Intensionserfassungspapier einholen darf, auf dem neben Lebenslauf, Abstammung und Gemütslage jedes Bisschen im Leben des Konsumenten erfasst wird, bevor er darüber entscheidet, ob das Werk einmalig für den angegebenen Zweck verwendet werden darf. Beide Extreme widersprechen hierbei grundlegend dem fairen Umgang, da im ersten Falle der Künstler die Kontrolle vollständig verliert, im zweiten Falle der Rezipient aber unter Generalverdacht gestellt wird und der Künstler voll Willkür entscheiden kann. Und genau hier sollte der gewünschte Zustand in der Mitte desser Extrempole liegen:  Der Konsument sollte weitestgehend frei über die Verwendung des Werkes für sich entscheiden dürfen, während der Künstler genug Rechte behält, um den Kontext der Verwendung sinnvoll gestalten zu können, ohne dabei jede Verwendung im Einzelnen der Willkür zu überlassen.

Ein der Art auf Fairnis und Freiheit basierendes System bedingt aber auch eine Reihe von Vereinbarungen zwischen Künstlern und Rezipienten: Während der Künstler die Freiheit des Konsumenten akzeptiert, mit seinem Werk im Grunde genommen zu tun, was er will, sollte der Kunde im Gegenzug kontrollieren, dass er diese Freiheit nicht dazu missbraucht, um dem Künstler zu schaden. Statt also Regeln für die Verwendung per se aufzustellen, sollten vielmehr Regeln für die Sanktionierung der Gegenseite bei Missbrauch dieser Freiheiten erstellt werden, wobei Sanktionierung nicht zwingend finanziell geschehen muss, sondern auch durch zeitweiligen Entzug z.B. der Nutzungsrechte geschehen könnte.

Nun wird sicherlich die Frage aufgetaucht sein, wie ein Künstler in diesem Umfeld gerecht an seinen Lohn für die Arbeit gelangt. Neben dem klassischen Weg durch Verkauf von Medien wie CDs und Videos, sollte der Fokus auf aktiven Leistungen oder auf sein Werk aufbauenden Werken liegen. Somit sollte nicht nur das Geben von Konzerten, oder das Merchandising als Einnahmequelle verstanden werden, sondern theoretisch jegliche Zusatzleistung, die über die Schaffung des Werkes hinaus geleistet wird. Insbesondere, da der Wert einer Sache von deren Knappheit sowie deren ideellen Wert abhängt, muss man, bei fehlender Knappheit – bedingt durch die einfache Reproduzierbarkeit mit Hilfe digitaler Technik – muss man somit entweder den ideellen Wert schaffen, oder den Wert durch Kombination mit einem knappen Gut (z.B. einem Live-Auftritt) kombinieren.

In jedem Falle sollte man aber vermeiden, ein reichlich verfügbares Gut künstlich zu verknappen, da man somit die eigenen Einnahmen ruiniert, sobald diese Verknappung umgangen werden kann. Und nichts anderes geschieht durch technische Neuerungen: Knappheiten, die auf Grund technischer Mängel alter Verfahren bestehen, werden durch neue Techniken, die diese Mängeln nicht oder weniger ausgeprägt enthalten ersetzt. Das Festhalten an überholten Verfahren ist somit auf lange Sicht der falsche Weg und sollte damit vermieden werden.

Ausnahmen bestehen jedoch durchaus. Es ist falsch, anzunehmen, immer nur auf die neusten Techniken zu setzen, da es für Nischenmärkte durchaus sinnvoll sein kann, ältere Verfahren anzuwenden, also neben dem Vertrieb eines Werkes via Download auch klassisch CDs, Kasetten oder LPs anzubieten. Solange diese Angebote vorhanden sind, werden sich im Long Tail auch Abnehmer finden; dass hierbei jedoch auf eine Lagerung verzichtet werden sollte und stattdessen on-demand gefertigt werden sollte, gehört einen anderen BEreich.

Ein durchaus wichtiger Aspekt bei der Wahl des eigenen Vertriebskonzeptes ist es, sich darüber im Klaren zu sein, dass man als Unternehmer zwar Gewinn erzielen will, man diesen aber nur im Einverständnis mit seiner Kundschaft erhalten kann. Daher darf man nicht den Kunden als Melkkuh betrachten, sondern als gleichwertigen Partner, der einem einen Mehrwert bietet. Nur wenn diese Werte – Angebot und Nachfrage – langfristig korrellieren kann man nachhaltig Wertschöpfung betreiben. Somit kann, im Zuge der Gleichberechtigung aller beteiligten nur dann ein substanzieller Kompromiss geschlossen werden, wenn alle Seiten daraus einen Mehrwert ziehen, bzw. alle gleich stark benachteiligt werden. Vorschläge und Ansätze für eine derartige Lösung gibt es reihenweise.

Aber lassen wir einmal das Urheberrecht beiseite und betrachten einmal das Umfeld. Neben der Kultur besteht der Schatz einer Gesellschaft auch aus Wissen. Dieses Wissen allen Menschen zugänglich zu machen sollte in einer fairen GEsellschaft zu deren Zielen gehören. Vergleicht man diesen Umstand jedoch mit aktuellen Entwicklungen, so wirken diese rein gar nicht so, als ob die Verteilung des Wissens an die Gesellschaft als Ziel bestünde; vielmehr ist das Wissen an einigen wenigen Orten konzentriert entweder in Elfenbeintürmen verschlossen, oder in Panzerschränken und Tresoren verbarrikadiert; getreu dem selbstgefälligen und arroganten Spruch „Wissen ist Macht – nichts wissen macht nichts“. Frei zugänglich sieht wahrlich anders aus.

Wobei auch hier wieder der Punkt von oben gilt: Wissen ist, wie Kultur auch, elementarer Bestandteil einer Gesellschaft. Wer Wissen dazu missbraucht – ggf. sogar unter Ausnutzung anderer -, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, teilt die Gesellschaft unweigerlich in eine gesellschaftsführende Elite sowie eine Unterschicht, die zunehmend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wird. Nimmt man zudem noch hinzu, dass dieser Ausschluss der unterschicht zu lasten und a fu Kosten dieser vorgenommen wird, so kann man ein solches Verhalten in keinem Falle begrüßen: Ein wesentlicher Teil der Wissenschaft wird derzeit aus öffentlichen Geldern finanziert und sollte somit auch wieder der gesamten Öffentlichkeit, d.h. der gesamten Bevölkerung zu Gute kommen.

Statt dessen sieht die Realität ganz anders aus: Große Forschungsprojekte werden aus öffentlichen Geldern finanziert, um dann in privatwirtschaftlichen Unternehmungen in Produkte einzufließen, mit langjährigen Schutzrechten versehen zu werden um im Anschluss ein zweites Mal von der Gesellschaft bezahlt zu werden. Ein besserer Weg wäre hier mindestens die doppelte Zahlung durch die Gesellschaft einzuschränken, in dem man einmal durch die Öffentlichkeit bezahltes Wissen dieser auch – ggf. abgesehen von Kosten für dessen Reproduktion – kostenfrei an diese zurückgibt. Nur so kann man das Wissen einer Gesellschaft fördern, ohne die Gesellschaft insgesamt aufzuspalten oder gegeneinander auszuspielen. Open Access gehört somit durchaus in den Themenkreis, stellt aber wiederum einen vollständig eigenen Themenkomplex dar.

Ein weiterer Komplex, der in diesem Zusammenhang oftmals in einen Topf geworfen wird, stellt die Netzneutralität dar. Diese hat weder etwas mit Urheberrecht, noch mit Open Access per se zu tun, bietet aber bei deren Umsetzung eine stabile Basis für die Gewährleistung der vorab genannten Konzepte. Und dabei stellt Netzneutralität durchaus nur einen kleinen Funktionsblock für eine funktionierende Gesellschaft bereit: den freien Austausch von Information, ungeachtet dessen, worum es sich bei dieser handelt. Somit bietet Netzneutralität die Basis dafür, dass man seine Rechte bei der Nutzung von Kommunikationsmedien ungehindert im Rahmen des Zulässigen (und darüber hinaus) nutzen kann, ohne dass von staatlicher Seite die Inhalte und ARt der Nutzung vorgeschrieben und damit Beeinflusst werden können.

Diese Offenheit bei der Nutzung von Kommunikationsmedien ist durchaus wichtig, auch wenn sie vielen erst einmal seltsam erscheinen mag, doch birgt das Ignorieren solcher Neutralitätsregeln das Risiko der Nutzungs- und Inhaltsbevormundung durch die Privatwirtschaft, die in wesentlichen Teilen die Infrastruktur der Kommunikationsmedien bereitstellt. Bei solch einer BEvormundung wäre es von einfachem, ausgebremsten Datenverkehr von Fremdinhalten bis hin zu vollständigen Sperren oder gar durch den Anbieter manipuliertem Content alles vorstellbar. Durch das Festschreiben inhalts- und dienstneutraler Transportregeln für Kommunikationsnetze kann eben diese Bevormundung eingeschränkt, bzw. bei Übertretungen sanktioniert werden.

Bliebe in diesem Zusammenhang noch ein weiterer Punkt, der insbesondere in Kommunikationsnetzen – aber auch in der analogen Welt – mitspielt: Der Datenschutz. Dieser dient dem Bürger als Handhabe gegen die Ausforschung durch den Staat oder die Privatwirtschaft. Diese vermuten einen Vorteil durch die Durchleuchtung und Kategorisierung des Bürgers zu erhalten, missachten dabei jedoch, dass durch zu viel Beobachtung die jedem Bürger garantierte Freiheit genommen wird; insbesondere die Freiheit, selber über das eigene Leben und seine Daten zu bestimmen.

Eine Entmündigung in diesem Bereich führt zwangsläufig zu einer Entmündigung des Bürgers in seiner freien Entscheidung, da bei einer umfassenden Sammlung und Auswertung seiner Daten Profile sichtbar werden, die bei Abweichungen von der gesellschaftlichen Norm zu einer Vorverurteilung und damit zu gesellschaftlichen Nachteilen führen.

Ziel für eine Gesellschaft sollte es daher sein, die jedem innewohnenden Freiheitsrechte so gut es geht, durch Vertrauen ineinander zu schützen und die gegenseitige Kontrolle auf ein Minimum zu begrenzen – idealerweise gar abzuschaffen. Zu dieser Freiheit gehört nicht nur die breite gesellschaftliche Verfügbarkeit von Kunst und Wissen, sondern auch der freie und unbehelligte Austausch von Informationen und Meinungen. In diesen Bereichen ein Umdenken anzuregen ist dringend geboten. Ein erster Schritt, dieses Vertrauen wiederherzustellen sollte dabei von den Verursachern der jetzigen Situation ausgehen, ohne diese jedoch zu Entscheidungen zu nötigen, da derlei Entwicklungen ansonsten nicht nachhaltig gefördert und fortentwickelt werden können. Ein Weiter wie Bisher in Form von Pauschalabgaben ist hierfür sicherlich der Falsche Weg, da er nichts Grundlegendes an der aktuellen Misere ändert.

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